Unzählige Fotos und Postkarten gibt es aus dem damaligen deutschen Schutzgebiet Kiautschou und deren Musterstadt Tsingtau (heute Qingdao). Ein deutsch-chinesisches Forscherteam versucht das Leben von Privatpersonen, die es damals wagten, in ein unbekanntes fernes Land eine neue Existenz aufzubauen, zu dokumentieren. Schon einige Geschichten von norddeutschen Familien konnten mit Hilfe von Nachkommen recherchiert werden. Doch eine Geschichte aus der Vergangenheit gibt dem Forscherteam Rätsel auf. Es ist die Reise von Else Häseler, die vermutlich aus Lübeck kam. Was machte eine junge Frau alleine im fernen China? Es tauchten auf unterschiedlichen Auktionsplattformen viele Fotos von ihr auf, die aus den Jahren 1909 und 1910 stammen. Man findet Else Häseler auch in den Tsingtau-Adressbüchern von 1908 bis 1912, teilweise mit der Adresse „Auguste- Viktoria-Bucht 43“. Aber keine Berufsbezeichnung. Wer war also Else Häseler? Was machte sie damals in Tsingtau? Hat sie als Lehrerin oder Krankenschwester gearbeitet? Oder war sie nur Besucherin? Sie ist auf den Fotos fast immer mit anderen Personen zu sehen. Zum Beispiel mit Emma Weber, die am 28. März 1909 ihren 25. Geburtstag feierte. Wahrscheinlich war das ihre Schwester. Auch die Namen Paul Weber (Besitzer des Tsingtauer Dampfsägewerk; vermutlich ihr Schwager) und auch Heinrich Saxen und August Meier wurden erwähnt.
Die Fotos spiegeln stets eine fröhliche Gesellschaft in der ehemaligen Kiautschou-Bucht wider, aber war es wirklich so? Nach 1912 verliert sich die Spur von Else Häseler. Wer kann uns Hinweise geben, auch gerne von den anderen genannten Personen? Bitte eine Mail an gerlinde@pehlken.de. Die Informationen könnten helfen, die Lebensgeschichten in der damaligen Stadt Tsingtau zu archivieren.
Schlagwort: Tsingtau
Bernhards Reise
Mit dem Reichspostdampfer von Shanghai nach Bremerhaven

In diesem Buch wird die spannende Reise von Bernhard Ruhstrat, ein fünfzehnjähriger Junge, der im deutschen Schutzgebiet Tsingtau zur Schule ging und nun nach Deutschland auf eine weiterführende Schule gehen will, um das Abitur zu erlangen, da das Realgymnasium in Tsingtau nur bis zur Mittleren Reife führte.

Die zwei Möglichkeiten zur Reise nach Deutschland waren entweder mit dem Schiff oder mit der transsibirischen Eisenbahn; Bernhard entschloss sich, mit dem Reichspostdampfer „Lützow“ nach Deutschland zu fahren, da dieser von Shanghai nach Bremerhaven fuhr und er so dichter an sein Ziel im Großherzogtum Oldenburg gelangte, wo die gesamte Verwandtschaft wohnte.

Bernhard war ein eifriger Briefeschreiber, so war es nicht verwunderlich, das er von dieser Reise ausführlich berichtete. In ausdrucksvollem Stil beschreibt Bernhard den Fahrtverlauf sowie die Erlebnisse in den angefahrenen Häfen und seine Sicht auf die mitreisenden Passagiere.
Durch Zeichnungen und Photographien wird das Geschehen auch bildlich näher gebracht.
Die Briefe wurden im damals gebräuchlichen Sütterlin geschrieben. Zum besseren Verständnis wurden die Briefe von mir ins heute gebräuchliche Hochdeutsch transkribiert.
Ich wünsche Ihnen ein vergnügliches Leseerlebnis und vielleicht geben Sie mir eine Rückmeldung.
Bernhards Reise
Mit dem Reichspostdampfer von Shanghai nach Bremerhaven
Isensee Verlag, Oldenburg ISBN 978-3-7308-1941-8
12,90 €
Familie Stielow in Tsingtau
Minna Günther wurde am 22. Februar 1886 in Prerow an der Ostsee geboren. Dort auf dem Darß wohnten ihre Großeltern. Ihre Eltern hatten 1880 in Mecklenburg geheiratet und waren dann nach Wilhelmshaven gezogen, wo ihr Vater als Schiffszimmermann Arbeit fand. Im Wilhelmshavener Adressbuch von 1884 wurde Ferdinand Günther als Werftschiffsbauer in der Ostfriesenstraße 21 geführt. Hier wurde auch Minnas ältere Schwester Marie 1881 geboren. 1892 wurde die jüngste Tochter Johanna geboren. Im Juli 1898 starb die Mutter, Minna war gerade zwölf Jahre alt. Der Vater von drei Kindern heiratete im gleichen Jahr die Witwe Johanna Scharmberg. Nach dem Adressbuch von 1900 lebte die Familie in der Alten Straße 20 und Ferdinand trug den Titel Werksführer. Familie Stielow in Tsingtau weiterlesen
Ernst August Troschel
Ernst Troschel wurde am 16. April 1868 in Stargard in Westpommern geboren. Nach der Schulzeit studierte er Wasserbau an der Technischen Hochschule Charlottenburg. Nachdem er das Studium erfolgreich abschloss, wurde er in den Staatsdienst übernommen und spezialisierte sich auf Hafenbau und Werftanlagen. Er arbeitete in verschiedenen Städten an der Ostsee und in Berlin.
Im Sommer 1895 heiratete er in Schöneberg die Medizinstudentin Elise Schulz. Er hielt es für selbstverständlich, dass Elise ihr Ziel, Ärztin zu werden, weiter verfolgte. Ernst August Troschel weiterlesen
Tsingtao (Qingdao) und das Bier
In Tsingtau war mit einer durchschnittlichen Truppenstärke von 2.500 Mann eine recht ansehnlich große Garnison entstanden, die auch versorgt werden musste. Außer den täglich notwendigen Versorgungsgütern, wurden auch die Genussmittel für die Freizeit gebraucht, unter denen das deutsche Bier natürlich nicht fehlen durfte. So war es nicht verwunderlich, das schon sehr früh von dem Kaufmann Gottfried Landmann, der mit Juwelen und optischen Geräten handelte, die erste Brauerei in Tsingtau im Jahre 1901 gegründet wurde. Er holte sich dazu aus Deutschland den Braumeister Ludwig Kell. Am 22.1.1901 wurde die Brauerei Landmann-Kell mit Ausschank in das Handelsregister eingetragen. Die Brauerei befand sich neben dem damaligen Elektrizitätswerk im Industrieviertel. Sie war aber nicht erfolgreich und die Gesellschaft wurde am 7.7.1903 gelöscht. Schon zur gleichen Zeit hatten auch ein Schotte und ein Deutscher in Shanghai die Idee, in Tsingtau eine Brauerei zu gründen und suchten sich in Hongkong Geldgeber. Am 15. August 1903 wurde die Germania Brauerei im Handelsregister von Tsingtau eingetragen. Als Eigentümer wurde die Anglo-German Brewery Co. Ltd. Hongkong genannt, die ein Kapital von 400.000 mexikanischen Silberdollar einsetzte, es wurden Aktien zu je 100 Dollar herausgegeben.
Der Gouvernements-Oberpfarrer Ludwig Ferdinand Winter
Ludwig Winter wurde am 28. März 1868 in Wittenberg geboren. Sein Vater Dr. Adolf Ferdinand Winter war in Wittenberg Gymnasiallehrer, wurde später nach Magdeburg und anschließend nach Stralsund als Gymnasialdirektor versetzt. Dort legte Ludwig Winter sein Abitur ab. Anschließend studierte er evangelische Theologie in Greifswald und Berlin. 1894 trat er eine Vikarzeit in Gladau (Sachsen) an und seit dem 26. März 1895 war er persönlicher Hilfsprediger des Generalsuperintendenten von Berlin, Wilhelm Adolf Reinhold Faber, der ihm kurze Zeit darauf die Seelsorge im neugegründeten Pfarramt Neu-Rahnsdorf bei Berlin übertrug. Der Gouvernements-Oberpfarrer Ludwig Ferdinand Winter weiterlesen
Rote Dächer am Gelben Meer
Oldenburger in Tsingtau während der Kolonialzeit
Als das deutsche Reich 1898 das Schutzgebiet Kiautschou pachtete, wurde im Reichskriegshafen Wilhelmshaven nach Handwerkern gesucht, die Tsingtau und die umliegenden Dörfer mit aufbauen sollten. Die allgemeine Wirtschaftslage in Norddeutschland sah zu jener Zeit nicht vielversprechend aus. Da sahen junge Männer die Chance auf Arbeit in Übersee.
Mit Beginn der Landübernahme begann auch sofort eine rege Bautätigkeit. Oldenburger, wie zum Beispiel Heinrich Eilers oder Ernst Troschel, gingen schon früh nach Tsingtau und waren maßgeblich an dem Bau der Stadt und des Hafens beteiligt. Heinrich Eilers holte seine Familie später nach, doch Elise Troschel begleitete ihren Mann von Anfang an.
Besonders die Frauen hatten mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. In der Heimat wurden sie bewundert und beneidet, denn die Familien hatten in der Ferne ein doppeltes Einkommen und konnten sich alles leisten, sie brauchten selbst nicht im Haushalt zu arbeiten, dafür hatten sie Boy, Koch und Kuli.
Doch die Wirklichkeit sah meist anders aus. Wenn Frauen alleine über Land fuhren, hatten sie ständig Angst vor Überfällen. Der Boy oder der Koch gingen einkaufen und zahlten fast immer zu viel. Einige Bedienstete wirtschafteten dabei in die eigene Tasche. Ständig gab es gesundheitliche Probleme. Die europäischen Kinder waren den eisigen Sandsturm nicht gewohnt und hatten oft Probleme mit den Bronchien. Zudem grassierten ansteckende Krankheiten und Seuchen wie Cholera und Typhus.
Eine bewegende Lebensgeschichte hatte Minna Stielow. Sie lebte mehr als vierzig Jahre in China. Im Jahr 1906 folgte sie ihrem Verlobten, im Oktober heirateten sie in Tsingtau, dort bekamen sie zwei Kinder. Als Otto in Gefangenschaft geriet, zog sie ihre Kinder alleine auf. 1920 kam die vierköpfige Familie zurück nach Wilhelmshaven, doch schon zwei Jahre später ging sie zurück nach Tsingtau. Otto Stielow fand eine Arbeit bei einer Import-Exportfirma, im Jahr 1937 starb er in Tsingtau. Obwohl 1949 alle Ausländer aufgeforderte wurden, China zu verlassen, zögerte Minna Stielow ihre Heimreise hinaus. Erst 1950 kam sie über Umwege nach Wilhelmshaven zurück.
Elise Troschel reiste mit vier Kindern im Alter von neun Monaten bis sechs Jahren gemeinsam mit Ehemann und Kindermädchen nach Tsingtau. Sie führte als Ärztin und Geburtshelferin eine Praxis im Hafenbauverwaltung am großen Hafen von Tsingtau.

Elisabeth Eilers, die ihrem Mann im Jahr 1907 folgte, reiste mit zwei kleinen Mädchen nach China und blieb drei Jahre dort.
Frieda Ammen reiste ihrem Verlobten nach und beide heirateten in Shanghai, bevor sie weiter nach Tsingtau reisten. Familie Müller kehrte früher nach Deutschland zurück als geplant, denn die beiden Kinder konnten das raue Klima nicht vertragen.
Marie Ruhstrat lebte über zwanzig Jahre in verschiedenen Städten Chinas, sie hatte sechs Kinder, ihr ältester Sohn starb in Shanghai an Cholera. Marie war nur kurze Zeit zu Besuch in Tsingtau während der Konfirmation ihres zweiten Sohnes im April 1910, der dort die Schule besuchte und im Internat lebte.

Die Statistik im „Amtsblatt für das Deutsche Kiautschou-Gebiet” aus dem Jahr 1910 gibt an, dass neben 2.275 deutschen Soldaten 1.531 zivile Deutsche lebten, davon kamen 17 aus dem Großherzogtum Oldenburg, 1913 stieg die Zahl der Oldenburger auf 42.
Aus dem damaligen Fischerdorf ist die moderne Stadt Qingdao mit mehr als 9 Millionen Einwohnern geworden. Auch nach 120 Jahren sind viele deutsche Gebäude erhalten wie Schulen und Krankenhäuser, die teilweise noch in der gleichen Funktion genutzt werden. Die ehemalige deutsche Germania-Brauerei hat heute als Tsingtao-Brewery den Weltmarkt erobert.
Studenten der Qingdao Universität haben im Sommer 2019 Fotos von alten deutschen Gebäuden aufgenommen und diese Abbildungen geben einen Einblick, wie das deutsche Erbe von den Chinesen geschätzt wird.
Bernhards Briefe
Schuljahre im deutschen Tsingtau
Es ist die ungewöhnliche Biographie von Bernhard Ruhstrat aus dem Großherzogtum Oldenburg in einem außergewöhnlichen Abschnitt deutscher Geschichte.
Die Familie Ruhstrat ist im 19. und 20. Jahrhundert eine angesehene Juristenfamilie in Oldenburg, doch der älteste Sohn Ernst bewirbt sich beim Kaiserlichen Chinesischen Seezoll, der vom Engländer Sir Robert Hart geleitet wird. Im Herbst 1881 fährt er nach Shanghai und wird danach in unterschiedliche Regionen versetzt.
Ein Stück Deutschland in China
Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestand in Deutschland der Wunsch nach einer Kolonie auf chinesischem Boden, aber erst im Jahr 1897 ereignete sich ein Vorfall, bei dem zwei deutsche Missionare getötet wurden. Dieser Vorfall lieferte den Vorwand für die Besetzung der Jiaozhou-Bucht und des Ortes Qingdao.
Heinrich Eilers
Heinrich Eilers wurde am 30. Juni 1872 in Großostin bei Jever geboren. Später zogen die Eltern in die Nähe von Wilhelmshaven. Weil es wenig Arbeit gab, wanderten in dieser Zeit viele junge Männer aus. In den 1890er Jahren ging Heinrichs Bruder nach Amerika. Heinrich folgte ihm kurze Zeit später, kam aber schon nach einigen Jahren zurück, weil er sich in der neuen Welt nicht wohl fühlte. Aber die Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt sahen nicht rosig aus.
1897 erfuhr er in Wilhelmshaven, dass Arbeitskräfte für den Ausbau der neuen Kolonie Tsingtau gesucht wurden. Heinrich Eilers sah die Gelegenheit, in einem Beruf zu arbeiten, der ihm Spaß machte.
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