Unvergessliche Jahre in der fremden Kultur

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Heinrich Eilers wurde am 30. Juni 1872 in Groß Ostiem im Großherzogtum Oldenburg geboren. Nach dem Schulbesuch von 1879 bis 1887 in Dykhausen bekam er ein Jahr lang Privatunterricht. Ab 1888 arbeitete er in einem Geschäft in der Nähe von Wilhelmshaven; weil es wenige Arbeitsstellen im Nordwesten gab, wanderten in dieser Zeit viele junge Männer aus. Am 5. April 1889 folgte Heinrich seinem Bruder in die Vereinigten Staaten. Dort arbeitete er zuerst in einem Kolonialwarengeschäft und vier Jahre später wurde er Vorarbeiter einer Fabrik.

Auf Wunsch seiner Mutter kam Heinrich im Frühjahr 1896 zurück und wohnte wieder bei seinen Eltern. Doch die Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt sahen immer noch nicht besser aus. Er fand eine Arbeit in der Kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven als Bürogehilfe.

Ab Dezember 1897 fuhren regelmäßig Truppentransporter von Wilhelmshaven in das neue Pachtgebiet Kiautschou an der Ostküste Chinas. Soldaten machten ihre Ausbildung in den Küstenstädten Kiel und Wilhelmshaven. Heinrich Eilers erfuhr, dass auch Arbeitskräfte für den Ausbau des neuen Pachtgebietes Kiautschou gesucht wurden. Im fernen China in einem Beruf zu arbeiten, der ihm Freude machte, das könnte ihm gefallen. So verpflichtete er sich für drei Jahre als Bauschreiber in Tsingtau. Noch vor seiner Abreise verlobte er sich mit Gesine Elisabeth Carstens aus Etzel.

Am 1. Januar 1900 begann seine Vertragszeit mit dem Gouvernement Kiautschou. Zuvor bekam er Urlaub, um seine persönlichen Angelegenheiten zu regeln.  In dieser Zeit und während der Reisezeit bekam er ein Gehalt von 1380 Mark jährlich. Eine freie Fahrt in der Kajüte 2. Klasse wurde bezahlt, ebenso die Verköstigung und pro Tag eine Transportzulage von 1,50 Mark. Ab der Ankunft in Tsingtau bekam er ein Arbeitsentgelt von 3000 Mark jährlich.

Am 3. Januar verließ Heinrich Eilers seine Heimat, er fuhr mit dem Zug über Bremen und Kassel nach Frankfurt. Von dort ging es Richtung Basel, nach einer Übernachtung nahm er den Zug durch den Gotthardttunnel über Mailand bis Genua. Dort bestieg er am 11. Januar die S.M.S. „Bayern“. Ausführlich hielt er alle wichtigen Momente schriftlich fest und schickte später diesen Erlebnisbericht von Tsingtau aus an die Eltern. Viele unterschiedliche Nationen befanden sich auf dem Schiff, aber am meisten Engländer. Mehrere Missionare waren an Bord, davon zwölf englische Missionarinnen. Jeden Morgen ging er zur Bibelstunde, die abwechselnd in deutscher oder englischer Sprache stattfanden. Durch die langen Jahre in Amerika fühlte er sich auch in der englischen Sprache heimisch. Auf der Fahrt durch den Suez-Kanal wurde es heißer. Er ging viel auf Deck spazieren. Einen Stall voller Tiere sah er unter Deck, viele Ochsen und Kälber, zudem Schafe, Puter, Enten und Hühner.  Und zu seiner größten Freude gab es eine Bibliothek. Nach Aden wurde der Hafen von Colombo angelaufen. Eilers interessierte sich für alles Technische an Bord, er beobachtete, wenn der Kapitän von den Matrosen die Meerestiefe messen ließ. Am 1. Februar erreichte die „Bayern“ Singapur, Eilers ließ sich mit einer Rikscha durch die Stadt fahren. Die Stadt war bunt geschmückt, denn die Chinesen feierten das Frühlingsfest. Noch zwölf Tage bis Tsingtau! In Honkong gäbe es keine Sehenswürdigkeiten, so meinte er. Er besuchte ein Missionshaus und zum ersten Mal nach seiner Abreise aß er wieder Kartoffeln. Viele Kriegsschiffe lagen im Hafen von Hongkong. Am 11. Februar lief die „Bayern“ in Shanghai ein, dieser Hafen war auch die Endstation; das Geschwaderflaggschiff kehrte nach Wilhelmshaven zurück und wurde außer Dienst gestellt. Eilers übernachtete in einem englischen Missionshaus, zwei Tage später trat er den Rest der langen Reise an. „Ich fahre mit der „Tsingtau“ nach Tsingtau“, so schrieb er nach Hause.

Er arbeitete in der Bauverwaltung bei Regierungs-Baumeister Strasser in Tsingtau. Im Hafenviertel Tapautau (heute: Dabaodao) bekam er eine Wohnung; das neu erbaute Steinhaus lag in der Nähe der Bauverwaltung, er brauchte nur fünf Minuten zu Fuß. Sein Zimmer war geräumig und gut ausgestattet. Neben einem „vollständigen Bett“ gab es einen Schrank, eine Kommode, ein Waschtisch, ein Spiegel und eine Lampe. Es war eine Dienstwohnung, so musste er keine Miete zahlen. Außer seinem Gehalt von 3000 Mark bekam er 800 Pfund Steinkohlen, 15 Kilogramm Petroleum und genügend Brennholz. Am Wochenende besuchte er mit einem Kollegen ein chinesisches Dorf. Die Arbeiter bekamen einen Lohn von 30 Pfennig am Tag, die Handwerker 70 bis 75 Pfennig.

Adressbuch von 1901

 

Im ersten deutschsprachigen Adressbuch von Tsingtau von 1901 wurde er als Bauschreiber Henry Eilers geführt. Eine genaue Adresse wurde nicht angegeben. Das Jahr darauf war seine Anschrift Bauhof Tapautau. Die Stadt Tsingtau wuchs sehr schnell, Häuser wurden in Deutschland vorgefertigt, wurden dann mit Schiffen nach Tsingtau gebracht, wo die Bauteile vor Ort zusammengefügt werden konnten. Im Hafengebiet Tapautau (heute: Dabodao) wurden schnell Wohnungen für die vielen Arbeiter errichtet.

Heinirch Eilers und Kollegen

Seiner Verlobten schickte er regelmäßig Briefe und ließ sie so an seinem Leben in Tsingtau teilnehmen. Er berichtete, dass er sich fast jeden Abend mit einem Chinesen namens Lien Min traf, der lernte bei ihm Deutsch und Herr Lien lehrte ihn Chinesisch. Beide kamen dann ins Plaudern, Lien erzählte vom Leben auf dem Dorf und von den chinesischen Sitten, von seinen Eltern die in Chefoo (heute: Yantai) lebten. Doch er berichtete auch von der Kaiserstadt Peking, die er zuvor besucht hatte. Er war Unternehmer in Tsingtau und war mit zwei Cousinen verheiratet. Und Eilers schilderte von seiner Heimat im Norden Deutschlands und von seiner Verlobten Lissi.

Doch in der Heimat machten sich Lissi und auch alle Verwandten Sorgen, denn sie lasen in den Zeitungen vom Boxeraufstand und von den Unruhen in der Shandong-Provinz. Eilers wollte zu gerne ein Telegramm schicken, damit seine Lissi wusste, dass es ihm gut ging; aber ein Telegramm war ihm zu teuer, es kostete 5,60 Mark pro Wort. So schickte er sofort einen Brief an Lissi und berichtete, dass er in Tsingtau nichts von den Unruhen mitbekam.

Auch teilte er seine Arbeitsstunden mit: morgens von 9 bis 12 Uhr und nachmittags von 3 bis 6 Uhr. Seine Wohnstube wurde neu gestrichen, sie sah richtig nett aus. Er war zufrieden, nur etwas fehlte ihm: seine Lissi. Ab und zu gab es einen Umtrunk mit seinen Kollegen Fischer und Kirchhoff im Hotel Krippendorff. Sein Kollege Fischer spielte auf dem Klavier volkstümliche Musikstücke und alle drei dachten dabei an die Verwandten in der Heimat.

Eilers erzählte auch von „hohen Persönlichkeiten“, die zurzeit als Bauschreiber in seiner Abteilung arbeiteten. Ein gewisser Herr Freese, der zuvor Philosophie-Student in Bremen war. Ein Herr von Prittwitz und Gaffron war früher Gardeleutnant und nun war er Eilers unterstellt. Beide Männer wären 21 Jahre alt und hätten ihre Lebensstellung durch Trunkenheit verspielt.

Am 30. September 1902 verlieh der Gouverneur Oskar Truppel „auf Befehl seiner Majestät des Kaisers und Königs“ eine Gedenkmünze aus Stahl an Heinrich Eilers für seine Verdienste in Tsingtau.

Anfang 1903 kehrte Heinrich Eilers nach Norddeutschland zurück und am 19. Juni heiratete er seine Verlobte Gesine Elisabeth Carstens. Er arbeitete wieder auf der Kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven und wohnte mit seiner Familie in Bant, einem Vorort von Wilhelmshaven. Dort wurde am 24. April 1904 die Tochter Margaretha geboren und am 15. Januar 1906 kam die zweite Tochter Anneliese zur Welt.

In dieser Zeit wurde er stets von seinem Kollegen und Freund F. Wichmann über die Veränderungen in Tsingtau unterrichtet. Er schrieb, dass es zuging wie „im Taubenschlag“. Viele Arbeiter und Soldaten verließen Tsingtau wieder nach ihrer Dienstzeit, aber noch mehr Menschen kamen aus Deutschland. Es wurde viel gebaut in der Stadt und immer mehr Menschen siedelten sich an. „Jetzt kennt man überhaupt die Kolonisten nicht mehr so wie früher“, meinte er. Auch aus der Bauverwaltung gab es Neues zu berichten. Am 1. April 1906 wurde das neue Gouvernementsgebäude eingeweiht. Das war für Wichmann so wichtig, dass er auch noch einen Zeitungsausschnitt aus Tsingtau dem Brief beilegte. Zu jener Zeit war noch das Wohnhaus des Gouverneurs im Bau, ebenso eine weitere Schule als Realgymnasium; und viele weitere Gebäude waren in Planung.

Postkarte von Fritz Wichmann

Das Werftgelände auf einem künstlich aufgeschütteten Terrain hätte sich sehr verändert; der Große Hafen war schon 1904 offiziell eröffnet worden. Aber alle Hafenbauten wären zurzeit ins Stocken geraten. Die gesamte Bauverwaltung I beschäftigte sich hauptsächlich mit Abrechnungsarbeiten. Der Hafenbaudirektor Ernst Troschel hatte an das Reichsmarineamt nach Berlin berichtet, dass viele Bauarbeiten nicht korrekt abgerechnet worden seien. Troschel hatte aus diesem Grund im April 1906 Tsingtau verlassen.

Die Bauverwaltung wurde nun in zwei Direktionen, Hoch- und Tiefbau, eingeteilt. Wichmann führte im Hauptbüro des Hochbaus die Registratur. Und er machte es Heinrich Eilers schmackhaft, doch wieder nach Tsingtau zu kommen. Im Jahr 1907 würde eine neue Stelle als Bauschreiber ausgeschrieben, da verdiente man 4500 bis 6000 Mark im Jahr.

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Und natürlich berichtete sein Freund Fritz Wichmann, was die engsten Freunde machten, wer geheiratet hatte und wer Nachwuchs bekommen hatte.

Heinrich Eilers folgte dem Rat Wichmanns. Im April 1907 verpflichtete er sich für vier Jahre als Bauschreiber. Die Entscheidung musste aber sehr schnell gekommen sein, denn Wichmann schrieb noch Anfang Mai einen langen Brief mit Ratschlägen für die Reise und die Wohnungssuche, da war Familie Eilers schon längst unterwegs.

Zuvor wurde den Angestellten des Gouvernements in Kiautschou erlaubt, gemeinsam mit der Familie auf einem Truppentransporter nach China zu reisen. Aber im Frühjahr 1907 gab das Reichsmarineamt in Berlin eine neuer Verfügung bekannt, die Familien mussten separat auf einem Reichspostdampfer anreisen. Deshalb buchte Eilers eine Passage auf dem Reichspostdampfer „Roon“ für seine Frau und die beiden Kinder. Er selbst fuhr mit dem Truppentransporter „Borussia“ am 26. April ab Wilhelmshaven. Zuvor begleitete er seine Familie mit dem Zug von Sande über Oldenburg nach Bremen. Dort stiegen alle in einen Zug, der sie direkt an den Anleger des Norddeutschen Lloyds in Bremerhaven brachte. Eilers ging mit auf Deck, aber um 10 Uhr abends muss er das Schiff verlassen. Am 25. April verließ der Dampfer Bremerhaven und steuerte auf die Nordsee Richtung Rotterdam. Lissi fing an, ein Tagebuch zu führen. Schon auf der Nordsee hatte die „Roon“ einen Schaden; ein Dampfrohr war defekt, deshalb kehrte der Dampfer um und lief wieder Bremerhaven an. Nach zwei Stunden war der Schaden behoben, aber es ging erst am nächsten Morgen los. Die Eilers-Familie fühlte sich wohl, die dreijährige Margaretha schloss schnell Freundschaft, insgesamt waren fünf Kinder an Bord. Aber es war schwerer Seegang und alle drei wurden seekrank. In Vlissingen in den Niederlanden legte der Dampfer an.

Am 30. April notierte sie: “Nachmittags drei Uhr fahren wir nach Southhampton…. Wo fährt nun unser Papa?“ Auf einer Postkarte an die Eltern beklagte sie sich, dass es anstrengend sei mit den zwei kleinen Kindern an Bord. Am 1. Mai schrieb sie: „Passieren Insel Wight,…schöne Punkte… Schloss Windsor gesehen.“ Es muss aber Osbourne House, der Landsitz der Queen Victoria, gewesen sein, den sie von Deck aus gesehen hatte.

Im Hafen von Antwerpen gingen viele Passagiere an Land, so auch Lissi mit ihren Kindern, sie besuchten die Kathedrale und anschließend kaufte sie den Kindern Spielzeug im deutschen Warenhaus Tietz.

Im Golf von Biskaja ließ ein kräftiger Wellengang das Schiff schaukeln und es legte sich fast auf die Seite. Lissi und Margaretha wurden wieder krank. Aber der kleinen Anneliese machte der starke Seegang nichts aus.

In Port Said bekam sie Post von ihrem Mann. Als sie durch den Suez-Kanal fuhren, klagte sie über die enorme Hitze. Alle drei bekamen Ausschlag.

In allen Häfen kamen Händler mit kleinen Booten ans Schiff und wollten Waren verkaufen. Lissi träumte von einer Straußenfeder, aber vier Federn für umgerechnet 10 Mark waren ihr doch zu viel. Aufmerksam beobachtete sie die unterschiedlichen Landschaften und hielt dies in ihrem Tagebuch fest.

Als sie Colombo erreichten, war es fürchterlich heiß, es war kaum auszuhalten in der Kabine, denn wegen des Kohlenladens durften sie die Fenster nicht öffnen. Man versprach ihr eine größere Kabine, aber erst mussten alle drei im Salon schlafen. Sie zählte gemeinsam mit den Kindern die Tage bis zur Ankunft in Tsingtau, alle konnten es kaum erwarten. Ihr fiel auf, dass sich alle Frauen an Bord vornehm kleideten, sie kaufte sich in Colombo einen Spitzenkragen, um ihre Kleidern mit ein wenig Eleganz aufzuwerten. Sie hatte sich Handarbeitsnadeln mitgenommen, aber die fingen in der Feuchtigkeit an zu rosten. Auch in Singapur herrschte tropische Hitze, trotzdem ging sie mit den Kindern an Land. Sie schwärmte von der reichhaltigen Vegetation und den wunderbaren Parks. Nach Hongkong wurde Shanghai angelaufen, zwei Tage später fuhr dann die dreiköpfige Familie mit dem Dampfer „Admiral von Tirpitz“ nach Tsingtau. Die genaue Zeit gab Lissi Eilers nicht an, sie schrieb nur: „Hurrah, wir sind in Tsingtau, Papa ist Da!“

Heinrich Eilers war bereits am 6. Juni mit dem Truppentransporter „Borussia“ in Tsingtau angekommen. Sein Freund Fritz Wichmann war freudig überrascht, Heinrich Eilers wiederzusehen, denn er hatte ihn nicht so schnell erwartet. Noch im Mai hatte er einen Brief nach Wilhelmshaven geschickt.

Eilers fand sofort eine Wohnung für seine Familie in die Friedrichstraße 269. Ab dem 8. Juni arbeitete er wieder als Bauschreiber in der Bauabteilung III bei Karl Strasser, das Büro befand sich nicht mehr im Hafenviertel, sondern im ersten Stock des rechten Flügels des neuen Gouvernementsgebäudes. Aber Eilers wurde nur ein Arbeitsentgelt von 3800 Mark zugesagt und nicht 4500, wie sein Freund Wichmann es zuvor angekündigt hatte.

Ab 1908 war Strasser auch für den Bau der evangelischen Kirche verantwortlich, und Fotos zeigen Heinrich Eilers mit seinen Kollegen in der Nähe des Kirchenbaus.

Eilers traf sich auch außerhalb seiner Arbeit mit den Kollegen. Sie machten Ausflüge in die Umgebung oder badeten gemeinsam im Meer. Auch Lissi Eilers lebte sich schnell ein und freundete sich mit anderen deutschen Frauen an. Die beiden Mädchen gingen in einen Kindergarten. An den Wochenenden machte die Familie Touren mit Nachbarn und Freunden ins Laoshan-Gebirge.

Ein Jahr später zog Familie Eilers in ein Obergeschoss des Eckhauses Friedrichstraße 261. Das Haus gehörte Martin Krogh, dieser führte eine Mineralwasserfabrik und das Geschäftslokal wurde im Adressbuch von 1907 mit Friedrichstraße/Ecke Bremerstraße angegeben.

Den beiden Mädchen gefiel das Leben in Tsingtau. Besonders Margaretha liebte die Berge, sie pflückte Blumen und dachte sich Geschichten aus. Viele Jahre später schrieb sie in einem Schulaufsatz, dass sie sich vorgestellt hat, dass oben auf dem Signalberg Schneewittchen mit den sieben Zwergen wohnen würde. Oft lief sie um die Signalstation und hoffte, einen Blick auf Schneewittchen zu werfen.

Obwohl Eilers einen Vertrag über vier Jahre unterzeichnet hatte, fuhr die vierköpfige Familie ein Jahr früher in die Heimat.

Margaretha war im April sechs Jahre alt geworden und sollte in Deutschland zur Schule gehen. Heinrich und Elisabeth Eilers bevorzugten die Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn über Sibirien, da sie preiswerter als die Schiffspassage war. Und ganz sicher erinnerte sich Lissi an ihre Seekrankheit auf der Hinreise. Am 27. Mai wurde in Tsingtau ein Reisepass für die ganze Familie ausgestellt. Kurz danach fuhren sie von Tsingtau mit dem Schiff nach Dalny (heute: Dalian), von dort mit dem Zug über Muckden (heute: Shenyang) und Harbin durchs weite Russland, in mehreren Städten legten sie einen Halt ein und blieben für einige Tage, so auch in Moskau. Nach fünf Tagen Aufenthalt in Berlin besuchte die Familie einen Verwandten in Westfalen. Erst dann fuhren sie in die norddeutsche Heimat.

Als die vierköpfige Familie in Norddeutschland ankam, wohnten sie in der ersten Zeit bei den Eltern in Etzel. 1911 bezogen sie ein neues Haus am Vahlenhorst in Oldenburg. Am 6. Januar 1913 wurde der Sohn Heinz geboren. Schon im Jahr 1914 bauten sie ein neues Haus an der Nadorster Chaussee.

Nadorster Strasse um 1920

Zwei schwere Schicksalsschläge musste das Ehepaar Eilers erleben. In den Sommerferien 1920 verbrachten beide Töchter die Ferien bei Verwandten. Anneliese besuchte die Familie in Etzel; als sie am 4. August nach Oldenburg zurück kam, hatte sie starke Bauchschmerzen. Am nächsten Tag kam der Arzt und die Diagnose war: Blinddarmentzündung. Sofort wurde sie mit dem Auto ins Kinderkrankenhaus gebracht und noch am gleichen Abend operiert. Die Eltern wachten Tag und Nacht an ihrem Krankenbett. Am 12. August 1920 starb die 14jährige Anneliese im Oldenburger Elisabeth-Kinderkrankenhaus.

Im Juni 1944 erlitt die Familie Eilers einen weiteren Schicksalsschlag. Der Sohn Heinz fiel im 2. Weltkrieg.

Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1937 war Eilers im Büro des Licht- und Wasserwerkes in Oldenburg beschäftigt. Am 14. Februar 1964 starb Heinrich Eilers im Alter von 91 Jahren, seine Frau Lissi folgte ihn am 14. Dezember 1968.

Heinrich Eilers arbeitete von 1900 bis 1903 und von 1907 bis 1910 als Bauschreiber in Tsingtau. In dieser Zeit sind viele Gebäude entstanden, die heute unter Denkmalschutz stehen. Er hat das Gesicht dieser Stadt mitgeprägt.

Benutze Quellen:

Familienarchiv Eilers

Adressbücher Tsingtau von 1901 bis 1910