开平的碉楼
Etwa 100 km südwestlich der Stadt Guangzhou in der südchinesischen Provinz Guangdong liegen verborgene Schätze der chinesischen Kultur, wo man nur sehr wenige Touristen trifft. Unser Freund Huang Jianhui machte auf diese kulturellen Denkmäler aufmerksam.
Die Stadt Kaiping, die zum Bezirk Jiangmen gehört, ist vornehmlich eine Industriestadt, doch die kleinen Dörfer haben einen ganz besonderen Reiz. 1839 reisten die ersten Chinesen aus Kaiping über die portugiesischen Kolonie Macau als Kulis nach Amerika.
Es gab viele Überfälle im ganzen Bezirk Jiangmen, doch zwischen 1912 und 1930 häuften sich die Diebstähle auch in Kaiping. So sorgten die reichen Bewohner vor und bauten in dieser Zeit vermehrt Wachtürme genannt 碉楼 Daiolou; so wollten vor den Räubern sicher sein.
Die Diaolou-Türme sind architektonisch einzigartig. Die ineinander verschachtelten und verspielten Erker und Balkone sind eine Kombination aus westlicher und chinesischer Bauweise. Viele Chinesen brachten verschiedene Stilelemente aus den Gastländern mit, Barock- und Jugendstil, aber auch Themen aus dem arabischen Raum.
Der älteste errichtete Diaolou stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde als Reaktion auf die Kriegswirren rund um den Taiping-Aufstand errichtet. In dieser Zeit gab es eine totale Unsicherheit, die die Menschen veranlasste, diese festungsartigen Bauwerke zu schaffen. Später, im Chinesisch-Japanischen Krieg, schützten die Bauten die Menschen auch vor Angriffen durch die japanische Armee, wie Einschüsse in den Mauern mancher Diaolou belegen.
Typisch für die Diaolou sind weitgehend schmucklose untere Etagen mit regelmäßig angeordneten Fenstern, gekrönt von einer auskragenden, palastartigen Dachetage – oft mit Loggias und Terrassen. Besonders an den Dachetagen, aber auch beim gesamten Dekor sind deutliche Anklänge an Baustile der Gastländer zu erkennen.
Wir besichtigten zunächst das Dorf Zili, das fast ausschließlich aus solchen Wohntürmen besteht. Erstaunlich die gediegene Wohnkultur, was die Innenausstattung betrifft.
Die Struktur der Häuser entspricht den polygamen Verhältnissen denn in jeder Etage hatte eine der Ehefrauen oder Konkubinen ihre eigene Wohnung. Die Dachterrassen waren so konstruiert, dass man die Eingänge einsehen und mit Feuerwaffen bestreichen konnte – also wirkliche Festungen. Die Wohntürme sind heute weitgehend verlassen bzw. als Museen genutzt.
Zu den berühmtesten Diaolou zählt das Ruishi lou 瑞石楼 in der Nähe des Dorfes Jinjiangli, es wurde 1921 erbaut , es ist der höchste Turm mit neun Etagen.
Heute soll es in der Gegend rund um Kaiping noch 1833 Wehrtürme geben, seit dem Jahr 2007 gehören sie zum Unesco Weltkulturerbe.
Wer nach Kaiping fährt, der sollte auch einen Abstecher in den berühmten 立园 Li Garden, der von 1926 bis 1936 von 谢维立 Xie Weili gebaut wurde.
Und noch ein Tipp. Die alte Stadt Chikan wird heute als Filmkulisse für historische Filme genutzt. Das Studio kann besichtigt werden, wenn nicht gedreht wird.