Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestand in Deutschland der Wunsch nach einer Kolonie auf chinesischem Boden, aber erst im Jahr 1897 ereignete sich ein Vorfall, bei dem zwei deutsche Missionare getötet wurden. Dieser Vorfall lieferte den Vorwand für die Besetzung der Jiaozhou-Bucht und des Ortes Qingdao.
Auf die Besetzung folgten Vertragsverhandlungen, die (da China der militärischen Macht der Deutschen nicht viel entgegensetzen konnte) sehr einseitig verliefen. Im März 1898 wurde die Besetzung formalisiert und ein Pachtvertrag zwischen Deutschland und China geschlossen, der Qingdao und das umliegende Gebiet für 99 Jahre den Deutschen überließ.
Damals nicht mehr als ein unbedeutendes Fischerdorf, sollte hier nach dem Willen des deutschen Kaisers eine deutsche Musterstadt entstehen. Eine rege Bautätigkeit war die Folge: Verwaltungsgebäude, Hafenanlagen, aber auch Wohnhäuser, Schulen, Kirchen und eine Brauerei wurden errichtet.
Die deutsche Ostasienflotte – bisher in Shanghai stationiert – hatte ihren Stützpunkt von nun an in Qingdao. Eisenbahnlinien verbanden Qingdao mit den Kohlefeldern im Landesinneren, für die Deutschland eine Konzession erworben hatte. Geplant war es, die Bahnlinien bis nach Peking weiterzuführen, doch dazu kam es nicht mehr.
Kurz nach Ausbruch des ersten Weltkrieges erhielt der Gouverneur von Qingdao im August 1914 ein Ultimatum, Qingdao zu räumen und an die Japaner zu übergeben. Das Ultimatum wurde abgelehnt, doch nach dreimonatiger Belagerung nahmen die Japaner Qingdao ein; die männliche Bevölkerung ging in Kriegsgefangenschaft.
Mit dem Friedensschluß im Jahr 1919 mußte Deutschland alle seine Kolonien aufgeben, darunter auch Qingdao, das bis 1922 in japanischer Hand blieb, bevor es endgültig an China zurückgegeben wurde.
Auch wenn Deutschlands „Musterkolonie“ keine zwanzig Jahre bestand, so hat jene Zeit doch ihre Spuren hinterlassen. Einige Gebäude aus jener Zeit existieren noch immer und wurden mittlerweile unter Denkmalschutz gestellt, und das Tsingtao-Bier ist weltweit bekannt.