Wer war Fanny?

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Oldenburg, Shanghai, Singapur, Sydney, Havanna. Wo ist Fanny Kirchner geblieben?

 

In den 1850er Jahren war der Schiffsbau im Oldenburger Großherzogtum und ganz speziell in Brake mit einem wirtschaftlichen Aufschwung verbunden. Neben der „Oldenburgischen Rhederei-Gesellschaft“ und der „Oldenburg-Ostindischen Rhederei“ entstand die „Visurgis Actien-Gesellschaft für Rhederei und Schiffbau“. Im Jahr 1855 wurde die hölzerne Dreimastbark „Stadland“ vom Stapel gelassen; kurze Zeit später wurde sie auf den Namen „Fanny Kirchner” getauft.

Die „Visurgis Rhederei” mit Sitz in Oldenburg beteiligte sich zu jener Zeit am Walfang. Ende der 1850er Jahre wurde die „Fanny”, wie sie liebevoll genannt wurde, von der Reederei H. Bischoff in Bremen befrachtet und im Ostasienhandel eingesetzt.

Am 27. Februar 1858 erreichte die „Fanny” Sydney (Australien) mit etwa 214  Auswanderern aus Bremen. 61 Personen bedankten sich später schriftlich beim Kapitän Block, dieser Dankesbrief wurde in einer australischen Zeitung veröffentlicht. Die Dreimastbark muss dann an die chinesische Küste gesegelt sein. In dem Verzeichnis des Oldenburger Konsul R. Brodersen in Shanghai ist zu lesen, dass im Jahr 1859 die „Fanny Kirchner” vier Mal Shanghai anlief. Als Kapitän wurde R. Block genannt. Unter weiteren vier Schiffen legte auch die „Wilhelm Kirchner” mit Kapitän Menke in Shanghai an. Die Segelschiffe beförderten Waren wie Nankings (Baumwolle), Ölkuchen, Reis, Zucker, Tee und Holz aus anderen Häfen entlang der chinesischen Küste. Im Jahr 1860 tauchte die „Fanny Kirchner” im Verzeichnis zu Shanghai nicht mehr auf, denn ab November 1859 lag sie im Hafen von Canton (heute Guangzhou) und wurde von dem Emigrationsagenten Don Roman Bidau für den Kulihandel nach Havanna gechartert.

Quelle: en.wikipedia

Das Handelshaus W. Pustau in Canton, das die Reederei Visurgis zu Oldenburg vertrat, hatte keinerlei Bedenken für diesen Frachthandel. Obwohl das Schiff nur für 285 Personen Platz hatte, sollten 325 Tagelöhner zum größten Teil unfreiwillig nach Kuba befördert werden. Da aber einen Monat zuvor der amerikanische Clipper „Flora Temple” während eines Taifuns im südchinesischen Meer in Seenot geriet und dabei 850 Kulis umkamen, verweigerten die chinesische Behörden einigen „Kuliseglern”, darunter auch der „Fanny” die Ausklarierung. Die englische „Times” griff diesen Vorfall auf und bezichtigte das Großherzogtum Oldenburg einen Sklavenhandel im großen Stil. So hallte die „Fanny Kirchner Affäre” der Reederei Visurgis und dem Großherzogtum Oldenburg noch lange nach, obwohl sich alle westlichen Nationen am Kulihandel beteiligten. Kapitän Block und auch sein Steuermann starben in dieser Zeit in Canton. Nach einer offiziellen Inspektion gab der neue Kapitän Singapur als nächsten Zielhafen an. Aber Ende Mai 1860 wurde von der ”Fanny” in Fourthy-fourth Meeting of the British Association berichtet, dass sie vom 30. auf den 31. Mai in 16° S and 80° E in experienced very bad weather, sprung a leak and had to bear away from Mauritius befand.

Am 11. November 1861 erreichte die „Fanny” New York mit Auswanderern aus Bremen, so ist es in den Lists of Passagers Bound Bremen to New York 1855-1862 zu lesen. Im Jahr 1870 wurde die „Fanny Kirchner” in Singapur abgewrackt.

Woher kommt aber der Name Fanny Kirchner? War sie verwandt mit Wilhelm Kirchner, der einem anderen Oldenburger Segler seinen Namen gab? Wilhelm Kirchner wanderte 1839 nach Australien aus und heiratete 1841 in Sydney Frances Murdoch Stirling, die Fanny genannt wurde. 1848 kehrte Wilhelm Kirchner nach Frankfurt am Main zurück. Im Jahr 1851 siedelte er erneut nach Australien und wurde kurz darauf Konsul in Sydney für Preußen und Hamburg.

Die Dreimastbark „Fanny Kirchner” ist in der Welt aufgefallen. Doch auch Fanny Kirchner hat Spuren hinterlassen. Sie starb 1884 im hessischen Bad Homburg.

Quellen/references:

www.germanaustralia.com

Many thanks to Mrs. Lisa Burton, Queensland

Wippich, Rolf-Harald:  „…kein respectables Geschäft“ Oldenburg und der chinesische Kulihandel im 19. Jahrhundert in: Oldenburger Jahrbuch Band 104, 2004, Isensee Verlag Oldenburg