京杭大运河
Den Begriff Kaiserkanal kennen die Chinesen nicht. Auf chinesisch heißt der Kanal Jing Hang da yun he. Die ersten beiden Silben jing 京 und hang 杭 sind die Kurzformen der Städte Beijing und Hangzhou, weil der Kanal die beiden Städte Beijing und Hangzhou verbindet. Im Englischen und im Französischen heißt der Wasserzug Grand Canal.
Der Kaiserkanal gilt als das Meisterwerk im alten China. Er ist der längste von Menschen geschaffene Wasserweg der Welt. Mit einer Länge von mehr als 1800 Kilometern und einer Breite von bis zu 40 Metern verband er den Norden Chinas mit dem fruchtbaren Süden.
Zwischen 584 und 610 ließen die Kaiser der Sui-Dynastie 随 朝 ein Kanalnetz ausbauen, das die Hauptstädte am Huanghe und Weihe mit Lin’an 临安 (heute Hangzhou 杭州) am Qiantang-Fluss 钱塘江 verband. Später wurde er in Richtung Norden ausgebaut und verband die Städte Pingjiang 平江 (heute Suzhou 苏州), Linqing 临清, Dongping 东平 und Pengcheng 彭城 (heute Xuzhou 徐州). Der Kanal endete im Norden in Haijinzhen 还进真, dieser Ort ist ab 1316 als Tianjin 天津 bekannt. Außerdem kreuzt er den Unterlauf des Yangzi 长江 und des Gelben Flusses 黄河.
Als im 13. Jahrhundert die Yuan-Dynastie 元朝 die neue Hauptstadt Dadu auf dem Gebiet des heutigen Beijing gründete, wurde der Kaiserkanal bis dorthin verlängert und teilweise neu trassiert. Die alte Route war für die neuen Erfordernisse längst nicht mehr ausreichend schiffbar.
Der Wasserbauingeneur Guo Shoujing 郭守敬 baute den Kanal weiter aus. Vom Marktflecken Haijinzhen 还进真 baute er mit dem Tonghui-Kanal 通惠河 eine direkte Verbindung in die damalige Stadt Dadu.
Vor allem um Baumaterialien aus den südlichen Städten zu holen, brauchten die Mongolen diesen wichtigen Wasserweg. Die Stadt Lin’an 临安 (heute Hangzhou 杭州) war bis 1279 die Hauptstadt der Südlichen Song-Dynastie. Dort siedelten die wichtigsten Händler im ganzen Reich. Seide und andere luxuriöse Handelsgüter wurden auf dem Kanal transportiert. Für mehr als 600 Jahre war der Kanal für Beijing die wichtigste Versorgungsader mit Getreide (vor allem Reis).
Nachdem im Jahre 1855 der Gelbe Fluss seinen Lauf nach Süden verlegt hatte, war der Kanal nicht mehr durchgehend schiffbar und verlor dadurch an Bedeutung.
Nach der Gründung der Volksrepublik im Jahr 1949 wurde der Kaiserkanal teilweise wieder instandgesetzt, so dass er heute als regionaler Schifffahrtsweg und auch als Bewässerungskanal genutzt werden kann. Seit dem Jahr 2014 ist der Kaiserkanal Teil des Unesco Weltkulturerbes.